China öffnet seine Grenzen. Und Pekings Generalkonsul erwartet für diesen Sommer wieder chinesische Touristen in der Schweiz

Das Ende der abschreckenden Hotelquarantäne macht Reisen nach und aus China bedeutend leichter. Viele Schweizer Geschäftsleute sind erleichtert und wollen endlich wieder ins Reich der Mitte – und Chinesinnen und Chinesen hinaus.

Benjamin Triebe, Peter A. Fischer 5 min
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Die Maske bleibt vorerst, aber die Zwangsquarantäne bei der Einreise nach China entfällt.

Die Maske bleibt vorerst, aber die Zwangsquarantäne bei der Einreise nach China entfällt.

Wu Hao / EPA

Die weltgrösste Volkswirtschaft will sich nach drei Jahren wieder für den Rest der Welt öffnen. Im Zuge der Corona-Lockerungen soll die Hotelquarantäne für einreisende Personen ab dem 8. Januar wegfallen. Das wird es nicht nur ausländischen Besuchern leichter machen, in das Reich der Mitte zu gelangen. Auch für Chinesen wird es wieder attraktiver, ihr Land zu verlassen. Das soll zuerst für Geschäftsleute, Studenten und Angehörige mit Verwandten im Ausland gelten.

Der chinesische Generalkonsul in Zürich, Zhao Qinghua, verspricht dazu auf Anfrage, dass die Visavergabe für Ausländer, die zu Arbeits-, Geschäfts- und Studienzwecken sowie zu Familienbesuchen nach China reisen wollen, ab dem 8. Januar «wesentlich optimiert und erleichtert wird». Chinareisende sollten innerhalb von 48 Stunden vor Abreise einen PCR-Test durchführen lassen, müssen aber keine Gesundheitscodes bei diplomatischen Vertretungen Chinas mehr beantragen.

Bei einem positiven Ergebnis werde empfohlen, die Reise zu verschieben, bis der Test wieder negativ sei. Bei der Einreise nach China müsse nur noch eine einfache Gesundheitsdeklaration ausgefüllt werden und würde wieder die Temperatur gemessen. Wer Fieber habe, müsse ein Antigentest machen. Je nachdem würde dann empfohlen, bis zur Genesung zu Hause zu bleiben oder zum Arzt zu gehen.

Chinesische Geschäftsdelegationen seien bereits im laufenden Monat nach Europa gekommen. Zhao erwartet, dass sie dies nun verstärkt tun werden, sofern «das Geschäftsumfeld nach wie vor fair, transparent und nicht diskriminierend bleibt».

Zu touristischen Reisen erklärt Zhao, China werde alle Faktoren, einschliesslich der Entwicklung der Pandemie und allfälliger Mutationen des Virus umfassend berücksichtigen und die Regelung der Touristenvisa «geordnet und dynamisch optimieren». Für die Chinesen selbst werde der Auslandtourismus im Hinblick auf die internationale Pandemiesituation und die Kapazitäten nun geordnet normalisiert. «Ich würde davon ausgehen, dass Sie im kommenden Sommer wieder chinesischen Touristen in der Schweiz begegnen können, solange ihnen gegenüber eine Willkommenskultur herrscht», sagt Zhao dazu.

Ein Totalausfall muss wettgemacht werden

Die schrittweise Öffnung der Grenzen sei ein lang erwarteter und sehr zu begrüssender Schritt, heisst es von Schweiz Tourismus. Während der Corona-Krise habe man die Präsenz in China immer aufrechterhalten, Beziehungen zu Reiseveranstaltern gepflegt und dafür gesorgt, dass die Schweiz in der Erinnerung und auf der Liste der chinesischen Gäste bleibe. Sie sei weiterhin eine Wunschdestination.

Chinesische Besucher waren im Jahr 2019 für insgesamt 1,9 Millionen Hotellogiernächte in der Schweiz verantwortlich. Das entsprach einem Anteil von 4,7 Prozent und machte die Chinesen zur drittgrössten internationalen Gästegruppe, nach den Deutschen und Amerikanern. Umso schwieriger war die folgende Durststrecke: Durch die Corona-Restriktionen lag die Zahl der Logiernächte von chinesischen Gästen im Jahr 2022 noch rund 91 Prozent tiefer als vor der Pandemie – «praktisch ein Totalausfall», wie es Schweiz Tourismus formuliert.

Allerdings dürfte es laut der Branchenorganisation noch ein paar Wochen oder Monate dauern, bis die Schweiz wieder massgebliche Zahlen an chinesischen Besuchern verzeichnen kann. Dies deshalb, weil touristische Reisen derzeit nicht im Vordergrund stünden und sowohl die Flugkapazitäten wie auch die Visavergaben erst hochgefahren werden müssten. Im Spätsommer, im Herbst und im nächsten Winter sei aber mit einer spürbaren Rückkehr zu rechnen – und mit einer vollständigen Erholung dann Ende 2025 oder im Jahr 2026.

Die Hoffnung auf eine Rückkehr der chinesischen Gäste spiegelte sich auch in den Kursen der Uhrenhersteller Richemont und Swatch. Sie stachen am Dienstag aus dem Gesamtmarkt heraus: Die Titel von Richemont avancierten um 3,3 Prozent, jene von Swatch um 2,6 Prozent. Auf ihren Auslandsreisen zeigen sich die Chinesen gern ausgabefreudig. «In erster Linie freuen wir uns für die chinesische Bevölkerung, die sich wieder bewegen kann», heisst es von Swatch auf Anfrage. «Was in der Zukunft passieren wird, werden wir sehen.»

Aufhebung der Quarantäneregeln in China verleiht Aktien von Uhrenherstellern Schub

Kurs von Compagnie Financière Richemont SA, in Franken

Endlich wieder nach dem Rechten sehen

Die Öffnung des Landes sollte eine schrittweise Erholung beim Wachstum der Konsumausgaben bewirken, hielten Analytiker der UBS bereits kurz vor Weihnachten fest. Sie erwarten diesen Effekt im März oder April 2023, nachdem die derzeitige Welle an Infektionen etwa Mitte Januar ihren Höhepunkt erreicht haben dürfte. Ob die Konsumnachfrage auch zu neuen Investitionen führt, muss sich zeigen: Bei Swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, bleibt man vorsichtig. Wie schnell sich die Öffnung belebend auf die Nachfrage auswirken werde, lasse sich noch nicht abschätzen, hiess es.

Doch allein aus praktischen Gründen haben Schweizer Geschäftsleute, die in China tätig sind, die Nachricht vom Wegfall der Quarantäne mit Freude aufgenommen. «Für die Firmen ist es sicher sehr positiv, dass Geschäftsreisen wieder möglich werden», heisst es von Swissmem. Dies in zweierlei Hinsicht: Die Führung der chinesischen Niederlassungen sei durch die Reiseeinschränkungen massiv erschwert worden, trotz Videokonferenzen. Zudem könnten nun endlich auch wieder die Kunden besucht werden.

Dass die meisten Geschäftsleute seit drei Jahren ihre Niederlassungen auf dem Festland nicht mehr besuchen und vor Ort keine persönlichen Kontakte mehr pflegen konnten, wird seit einiger Zeit übereinstimmend als das grösste Hindernis für Wachstum und weitere Investitionen auf dem chinesischen Festland angeführt. Viele Firmen haben deshalb im vergangenen Jahr auch Überlegungen angestellt, ihre Abhängigkeit von China zu reduzieren. Mit dem Ende der Zero-Covid-Strategie scheint sich nun die Situation schneller als von den meisten erwartet zu verbessern.

Der Startschuss für die Reisevorbereitungen ist gefallen

Für Felix Sutter, den Präsidenten der Swiss-Chinese Chamber of Commerce, ist klar, dass die Ankündigung des baldigen Wegfalls der Quarantänepflicht für seine Mitglieder erfreulich ist. Alle hofften, dass man bald wieder einfach nach Peking werde reisen können, so Sutter. Nun gelte es, die Details zu studieren:« Wie schnell sind chinesische Besuchsvisa wieder erhältlich, ab wann gibt es wieder mehr reguläre Flüge, und was sind die verbleibenden Test- und Gesundheitsanforderungen?»

Persönlich geht Sutter davon aus, dass viele Geschäftsleute nun Vorbereitungen in Angriff nehmen, um nach den chinesischen Neujahrsfeiertagen nach China fliegen zu können. Das chinesische Neujahr fällt im Jahr 2023 bereits auf den 21. Januar; danach haben die meisten Chinesen bis zum 27. Januar frei und besuchen ihre Familien. Die erweiterten Neujahrsfeierlichkeiten enden am 5. Februar mit dem Laternenfest. Das anstehende chinesische Jahr des Hasen dürfte somit ein lang ersehntes Stück Normalität zurückbringen.

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